Stranden II
Boote sind ausgelaufen
letzte Nacht, bunte Nachen
in schlierigem Grau
hat man gesehen.
Haben sich verfahren,
sind verschwunden
im wabernden Brodem,
der überm Wasser stand
wie organisches Atmen.
Die See lag ruhig und
verschwiegen, behielt
ihr Geheimnis für sich.
Boote sind ausgelaufen
letzte Nacht und kamen
nicht zurück, bunte Nachen
ohne Bestimmung und Ziel.
Sind nicht mehr
gesehen worden vor Tag.
Stimmen hörte man,
Gesänge wie aus Glas,
klar und klirrend,
Echos, die sich selbst
widersprachen und verhallten
im Schwarzsaal der Nacht.
Und Flackern sah man,
Zeichen von Sternen, Lichtpunkte
auf dem Spiegel der See.
Boote sind ausgelaufen
letzte Nacht, sind verlorengegangen.
Nur Schiffchen fand man
tags darauf, gefaltet
aus Pergament, beschrieben
mit Zeichen, mit Versen,
die keiner verstand,
unentschlüsselbar,
an Land gespült, morgens,
als die Sonne den Mond
noch nicht befragt hatte.
Die See lag ruhig und behielt
für sich, was sie wußte.
Boote waren ausgelaufen
letzte Nacht, sind nicht
zurückgekehrt, bunte Nachen
verschwunden im Traumschlick.
Hab ihnen nachgewunken
und mich dann vergraben
am Strand, hab geschlafen,
schlafe noch immer und träume
von Booten am Horizont.
Seh ich sie, erwach ich vielleicht,
hat mir ein Fischer gesagt.
April 2014