Die Performance „Erinnerungsraum ohne Gedächtnis“ ist zunächst als künstlerische Intervention zu sehen, indem ich ein Thema ungefragt im öffentlichen Raum verhandele. Gedanklicher Ausgangspunkt waren der Tod eines Jungen infolge schwerer Körperverletzungen, die ihm von Jugendlichen zugefügt worden waren, letzten Herbst in der Nähe des Alexanderplatzes und der anschließende Medienhype, der sich nach einigen Wochen schnell wieder legte, obwohl die Täter noch nicht verurteilt waren. Ich will also einerseits wieder an diesen Vorfall erinnern und andererseits an die vielen anderen Opfer jeglicher Form von Gewalt, die nicht öffentlich wahrgenommen werden, weil die Taten vielleicht zu unspektakulär für die Presse sind oder ganz im Verborgenen des privaten Umfelds verübt werden. Gleichzeitig beschäftigt sich die Performance auch mit dem öffentlichen Erinnern bzw. Gedenken an sich. Mir ist bewußt, daß auch dieser „Erinnerungsraum“ so schnell wie er entstehen wird, auch wieder verschwindet. Und ich denke, daß Erinnerungsarbeit immer auch ein hoffnungsloser Versuch ist, Begebenheiten zu bewahren und wieder aufzurufen. Aber Erinnerungen trügen und sind oft nur Reproduktionen vergangener Wirklichkeitskonstruktionen, die nicht mehr viel mit uns und dem Geschehenen zu tun haben. Zudem neigen wir, glaube ich, bewußt oder unbewußt, dazu, das Unbequeme, das Quälende zu vergessen und aus dem Gedächtnis zu löschen. Das führt mich zu der abschließenden Frage, wie ehrlich Gedenken und Erinnern gemeint ist, wenn so eine grausame Tat stattfand, und wie konsequent darauf reagiert wird, abgesehen von den vielen medial aufgeblähten Lippenbekenntnissen. Und damit bin ich bei einer abschließenden, geschichtlichen Dimension des Gedenkens und Erinnerns angelangt: Da hilft auch kein hochamtlicher Gedenkklamauk und den Kindern die Toten vorzählen, wenn im Bürgerliche-Mitte-Schädel weiter die Dummheit wuchert, schrieb ich einmal in einem Text zum gleichen Thema.

Vinzenz Fengler, Mai 2013

The performance „Space of memories without memory“ should be seen as an artistical intervention, in which I deal with a theme in a public space. The conceptual starting point was the death of a young man, owing to grievous bodily injuries, after being beaten by other young men, last fall, nearby Alexanderplatz, and the subsequent media circus, which went to an end after few weeks, although the offenders hadn't been convicted yet. On the one hand I want to remind you about this particular occurence and on the other hand about a lot of other victims of all forms of violence, which are not publicly perceived because the deeds are not spectacular enough for the press or are committed and kept in the secrecy of the private sphere. At the same time the performance deals with the public to remember and commemorate. I am aware that „this space of memory” disappears as soon as it is created and I also think that dealing with memory is always an hopeless attempt to save and recall the occurences.  Also, we tend, consciously or unconsciouly, to forget the inconvienient and to erase the tormenting from our heads. But memories are deceptive and often reproductions of past reality constructions that do not have much to do with us and what happened. Which leads me to the final question to know how honest thoughts and memories are, when such a cruel act occurs an how consequent we respond, not taking into account the many media bloated lip service. And this way I have arrived at a final, historical dimension of commemoration and remembrance: No high official spectacle and no counting out the dead to children helps, when at the same time stupidity keeps running in the civil-center-skull.